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Abwärme kann dazu beitragen, Unternehmen und Privathaushalte mit Wärme zu versorgen, viel CO2 einzusparen und die Abhängigkeit von fossilen Energien zu verringern. Partnerunternehmen der Thüga in Frankfurt und Ingolstadt nutzen sie bereits erfolgreich.
Eine der ersten Herausforderungen für Energieversorger, die regionale Abwärmepotenziale nutzen wollen: Sie haben keinen Einblick in passende Industrieprozesse und wissen nicht, welche unvermeidbaren Abwärmepotenziale in regionalen Gewerbe- und Industrieanlagen bestehen. Dies soll sich dank der vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle bereitgestellten Plattform für Abwärme ändern: Unternehmen mit einem Gesamtenergieverbrauch von mehr als 2,5 Gigawattstunden (GWh) sind seit dem 1.1.2024 laut Energieeffizienzgesetz verpflichtet, ihre Abwärmedaten dort öffentlich zur Verfügung zu stellen und regelmäßig zu aktualisieren. Dies ist eine Schlüsselstelle für die erste technische Machbarkeitsüberprüfung. Diese Frist wurde temporär um sechs Monate verlängert, nachdem die Plattform Anfang 2024 noch nicht online gegangen war.
Ist das Abwärmepotenzial eines erzeugenden Gewerbes identifiziert, nehmen Energieversorger weitere Überprüfungsschritte vor: „Zunächst findet die erste Voranalyse statt, bei der die technische und wirtschaftliche Machbarkeit überprüft und erste Chancen- und Risikoanalysen vorgenommen werden“, erläutert Lars Elschen, Projektleiter Erzeugung bei der Thüga. Dazu gehören Abwägungen zu technischen Risiken, Versorgungssicherheiten, Volatilitäten, Ausfallrisiken und möglichen Entwicklungen in der Regulatorik. Außerdem müssen Energiemengen und räumliche Entfernungen zwischen Energieerzeugern und Wärmeverbrauchern ermittelt und komplexe Fragen zum Einsatz von Speicher- und Regelungstechnologien geklärt werden. „Ist dies alles positiv beurteilt, kommt im nächsten Schritt die Frühphase der Kooperation mit den relevanten Stakeholdern, vor allem die der Abwärmequelle. Im dritten Schritt werden die Analysen noch mal geschärft und das Nutzungskonzept detailliert aufgebaut“, so Elschen. Danach können Stadtwerke und Unternehmen mit der konkreten Planung beginnen.
Zwei Beispiele, wie ein Stadtwerk lokale Abwärme nutzt, bietet Frankfurt am Main. Am europaweit größten Internetknotenpunkt gibt es zahlreiche Hochleistungsrechenzentren, deren Computer große Mengen Abwärme erzeugen. Gleichzeitig existiert hier bereits ein großes Fernwärmenetz. „Aktuell deckt Fernwärme bereits etwa 25 Prozent des gesamten Frankfurter Wärmebedarfs ab“, so Ulrike Schulz, Pressesprecherin bei der Mainova. „Perspektivisch soll dieser Anteil – abhängig von der Wärmeplanung der Stadt – in den nächsten Jahren schrittweise auf 50 Prozent erhöht werden. Dabei spielt auch die Integration der Abwärme in das Fernwärmenetz eine große Rolle.“
Schon jetzt macht Mainova die Abwärme von Rechenzentren zu Heizzwecken nutzbar. Im Frankfurter Stadtteil Seckbach entsteht derzeit ein neues Rechenzentrum der Mainova WebHouse GmbH & Co. KG, dessen Abwärme an das Kulturzentrum Batschkapp geleitet wird. Dafür werden zwei Hochtemperaturwärmepumpen im Gebäude des Rechenzentrums installiert, die die Abwärme auf die notwendige Vorlauftemperatur von bis zu 75 Grad Celsius bringen. Eine 110 Meter lange Trasse leitet diese Wärme dann in das Kulturzentrum, wo sie zum Heizen und zur Warmwasserbereitung genutzt wird. Im Gegenzug sinkt durch die Wärmeentnahme der Energieverbrauch für die Kühlung des Rechenzentrums. Dies soll rund 35 Tonnen CO2 im Jahr einsparen. Für den Not- und Wartungsfall wird die im Bürogebäude vorhandene Heizungsanlage hydraulisch mit dem im Kulturzentrum vorhandenen Gaskessel verbunden. So kann die Versorgung beider Gebäude ersatzweise über diesen Weg geschehen.
Für das neue Wohnquartier Franky im Gallusviertel mit rund 1.300 Neubauwohnungen plus Gewerbeeinheiten setzt Mainova außerdem die Versorgung durch Abwärme aus dem bestehenden Rechenzentrum der Telehouse Deutschland GmbH um. „Die logistische Planung war vom Zusammenbringen der drei Vertragspartner bis zur technischen Umsetzung von Anfang an eine große Herausforderung“, so Schulz. Die vom Rechenzentrum abgeführte Abwärme wird über eine 600 Meter lange Trasse zum Wohnquartier geleitet und in dessen Heizzentrale durch Wärmepumpen auf die für das Wärmenetz notwendigen 75 Grad Celsius gebracht. „Die Wärmeversorgung des Wohnquartiers wird zu 60 bis 75 Prozent nur durch die Abwärme des Rechenzentrums gewährleistet werden können“, so Schulz. „Der Rest kann durch Mainova-Fernwärme bewältigt werden.“ Insgesamt soll die Kombination aus Ab- und Fernwärme 400 Tonnen CO2 verglichen mit konventioneller Wärmeerzeugung einsparen. Die technische Umsetzung ist für Sommer 2024 geplant.
Ein weiteres Exempel ist das größte Abwärmeprojekt Bayerns. Die Stadtwerke Ingolstadt, seit Kurzem Partnerunternehmen der Thüga-Gruppe, versorgen seit 2009 rund 750 Hausanschlüsse mit umweltfreundlicher Fernwärme, die zum großen Teil aus Abwärme generiert wird; geeignet ist das laut Unternehmenssprechern besonders für Gewerbekunden und größere Wohnanlagen. Haupteinspeiser vor Ort sind eine Mineralölraffinerie mit einer maximalen Leistung von rund 37 MW und eine Müllverwertungsanlage mit etwa 42 MW. Insgesamt werden hier circa 260 GWh Energie pro Jahr durch 87 Kilometer Leitungsnetz transportiert. Um Leistungsspitzen im Netz puffern zu können, erfolgte eine Erweiterung des Netzes durch die Installation eines Wärme-Druckspeichers. Darin lässt sich Energie von 170 MWh bei bis zu 127 Grad Celsius speichern und bei Bedarf abrufen. Insgesamt wird die jährliche CO2-Einsparung durch das Ingolstädter Fernwärmenetz auf etwa 82.000 Tonnen geschätzt.
Die Thüga steht Partnerunternehmen, die vorhandene Abwärmepotenziale nutzen wollen, an vielen Stellschrauben zur Seite. „Wir unterstützen bei einer ersten internen Voranalyse, die relevante Chancen und Risiken bewertet und auch eine erste ökonomische Analyse umfassen kann. Außerdem bieten wir Zugriff auf gesammeltes Know-how, wenn es um technische Fragen, Regulatorien und Förderungsmöglichkeiten geht“, so Elschen. Die Thüga ist aber mehr als ein Ansprechpartner für alle großen und kleinen Fragen zum Thema Abwärme. Hilfsmittel wie das kostenfreie Wärmetool für Berechnung und Bewertung von neuen Wärmenetzen, der Fördermittelmonitor zur Ermittlung von relevanten Fördertöpfen sowie die Bereitstellung von offenen Rahmenabkommen mit externen Dienstleistern zur ganzheitlichen Erstellung von Wärmeplänen stehen allen Partnerunternehmen zur Verfügung.