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Ein Netzmanagementsystem für die Niederspannung ist eine zukunftsorientierte Investition. Es soll Prozesse zur Anschlussprüfungen automatisieren, Netzbelastungen simulieren und die Dimmung kritischer Verbraucher ermöglichen. Seine Einführung ist komplex und erfordert eine Planung in abteilungsübergreifenden Projektteams. Die Thüga bereitet Partnerunternehmen mit einer Workshop-Reihe auf sie vor.
Ein modernes Netzmanagementsystem für die Niederspannung ist keine Pflicht, aber eine sinnvolle Zukunftsinvestition. Im Wesentlichen muss es drei Aufgaben erfüllen: Es muss Möglichkeiten bieten, Prozesse rund um die Anschlussprüfung zu automatisieren. Es sollte zukünftige Netzbelastungen simulieren können, sodass eine zuverlässige Grundlage für die weitere Netzplanung – möglicherweise automatisiert – zur Verfügung steht. Im Idealfall werden Prognosedaten zu einzelnen Hausanschlüssen berücksichtigt. Und es muss die Dimmung kritischer Verbraucher nach den Festlegungen zu §14a EnWG ermöglichen. Simon Rodler, Thüga-Kompetenzteam Netzstrategie: „Für die Steuerung von Verbrauchern ist eine Reaktion des Systems auf Engpässe quasi in Echtzeit vorgeschrieben. Entsprechend leistungsfähig muss das System in Bezug auf die Aufnahme von Messwerten sowie die Datenverarbeitung sein.“
Noch keine fertigen Lösungen
Das Thema Netzmanagement in der Niederspannung, das für mehr Transparenz als bislang sorgt, ist sowohl für Netzbetreiber als auch für die Softwarehersteller Neuland. Ein solches System muss zukunftssicher sein und auch für zukünftige Anforderungen dimensioniert sein. So lässt sich verhindern, dass immer neue Systeme zum Einsatz kommen. „Ziel sollte eine Lösung sein, die konsequent weiterentwickelt werden kann“, ordnet Mateo Lippich Golobart, ebenfalls Teil vom Kompetenzteam Netzstrategie, ein. „Wir werden also nicht nur über die üblichen Schnittstellen reden müssen, die ein Netzmanagement zu den existierenden Systemen innerhalb der einzelnen Unternehmen bieten muss. Wir müssen uns auch an Roadmaps orientieren, mit denen die Systemhäuser ihre zukünftigen Funktionalitäten planen.“ Umso wichtiger sei der Austausch untereinander und die möglichst klare Beschreibung der benötigten Funktionen. Rodler ergänzt: „Ohne die Schaffung eines abteilungsübergreifenden Projektteams, das beim Partnerunternehmen die Verantwortung für die Gesamtplanung übernimmt, wird das nicht gehen. Die Erarbeitung der zukünftigen Zielarchitektur, die Aufarbeitung des Datenbestands oder die Auswahl eines Softwareanbieters sind dabei nur drei von vielen Themen, welche anzugehen sind.“
Fortschritt bei der Vorbereitung
Die Einführung eines Netzmanagementsystem ist also schon wegen der diversen organisatorischen Schnittstellen komplex und erfordert eine sorgsame Vorbereitung. Deshalb sei auch keine in die Workshop-Reihe investierte Stunde zu viel gewesen, sagt Christoph Meinicke, zuständig für Strategie, Netze und Anlagen bei der Stadtwerke Kaiserslautern Versorgungs-AG. Und Lippich Golobart ergänzt: „Wenn wir uns die Systematik zur Einführung eines so umfassenden Softwarepakets anschauen, sind wir mit den Vorbereitungen jetzt schon gut vorangekommen. Mit der Marktübersicht und der detaillierten Beschreibung der Anforderungen an eine Lösung haben wir entscheidende Punkte der Vorbereitungsphase abgeschlossen.“ Im nächsten Schritt kann die Auswahl eines Systems durch die Netzbetreiber der Thüga-Gruppe erfolgen, dann die Einführungsphase mit der Anpassung der Prozesse und der Schnittstellen sowie der Ausbau der IT-Infrastruktur und die Bereinigung der Datengrundlage. Bei all diesen Schritten unterstützt die Thüga die Partnerunternehmen.
Rechenfähiges Netzmodell als Ziel
„Allein bei der Datengrundlage gibt es noch viel zu tun“, räumt Rodler ein. Vielfach seien die Netzdaten zwar schon digital in einem Geoinformationssystem (GIS) vorhanden. Aber auch die Papierform sei noch nicht vollends ausgestorben. Rodler: „Selbst wenn digitale Daten vorliegen, ist nicht sicher, dass auch die logischen Verknüpfungen der Elemente, beispielsweise innerhalb einer Anlage, erfasst sind.“ Im Zweifel lässt sich im Plan erkennen, welche und wie viele Leitungen in eine Anlage hinein- und hinausführen. Aber wie sie dort verschaltet sind, ist nicht unbedingt erfasst. Das aber ist für ein rechenfähiges Modell der Netzstruktur unerlässlich. Schließlich soll ein solches Modell die Verbindungen im Netz darstellen, um die historischen, aktuellen und zukünftigen Lastflüsse und Spannungshöhen zuverlässig berechnen zu können.
Faktenbasiert in die Zukunft
Trotz des absehbar großen Aufwands ist die Stimmung im Kreis der Workshopteilnehmer und -veranstalter durchweg positiv. Rodler: „Das diskutierte Netzmanagementsystem wird aus der bisherigen Blackbox – der Strecke zwischen Trafostation und Hausanschluss – ein aktiv gemanagtes und faktenbasiert geplantes Netz machen. Und es wird die Automatisierung der dazugehörigen Prozesse entscheidend voranbringen. Genau das brauchen wir für die Versorgungsaufgabe in der Niederspannung, die sich durch eine zunehmende Anzahl an äußerst flexiblen und diversen Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen verändert.“
Mögliche IT-Anbieter
Mitte Dezember trafen sich Vertreter von 14 Netzbetreibern erneut, um sich sechs mögliche IT-Dienstleister für ein Managementsystem für die Niederspannungsebene genauer anzuschauen. „Im Kern teilt sich das Feld der Anbieter in die Unternehmen, die mehr Erfahrung beim Netzbetrieb mitbringen, und in solche, die eher aus der Netzplanung kommen“, sagt Simon Rodler. Eine Präferenz für einen Anbieter zeichnet sich nicht ab, zu unterschiedlich sind die jeweiligen Anforderungen und die Erfahrungen in den einzelnen Partnerunternehmen. „Trotzdem sind wir auf bestem Wege“, hält Mateo Lippich Golobart fest. „Unser Ziel ist, die individuellen Entscheidungen für eine Systemlösung mit größter Transparenz und intensivem Austausch unter den Partnerunternehmen zu unterstützen.“ Und sollten sich am Ende doch mehrere Partner für die gleiche Lösung entscheiden, kann die Thüga auch bei den Verhandlungen rund um den Einkauf behilflich sein.