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Mit Stichtag 6. Juni 2025 muss der beschleunigte Stromlieferantenwechsel binnen 24 Stunden und an jedem Werktag über die Bühne gehen. Wo Energieversorgungsunternehmen jetzt bei der Vorbereitung stehen sollten – und was es zu beachten gilt.
Ab 6. Juni 2025 müssen Kunden binnen 24 Stunden ihren Stromanbieter wechseln können. Zeit für manuelle Eingriffe seitens der Energieversorgungsunternehmen bleibt dann praktisch keine mehr. Sie sollten ihre automatisierten Prozesse vor dem Stichtag eingehend testen.
Was technisch alles hinter dem beschleunigten Stromlieferantenwechsel binnen 24 Stunden (LWF24) steckt, weiß Axel Falge genau. Er ist nicht nur als Director Consulting Services der Thüga SmartService GmbH in das Großprojekt involviert, sondern auch als Mitglied des Fachausschusses Marktkommunikation des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). In diesem Gremium arbeiten Fachleute aus dem Energiemarkt zusammen, um die Vorgaben der Bundesnetzagentur zu den Prozessen für die IT-Systeme der LWF24-Marktpartner möglichst reibungslos aufeinander abzustimmen. Das ist auch nötig. „Zahlreiche neue und geänderte Prozesse machen den beschleunigten Lieferantenwechsel vor allem IT-seitig zu einer anspruchsvollen Angelegenheit“, sagt Falge.
Die Vorgänge ändern sich deutlich. So müssen die Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität (GPKE) restrukturiert werden, ebenso wie die Wechselprozesse im Messwesen. Die ebenfalls neuen Wechselprozesse für Einspeisestellen werden zudem in die GPKE integriert.
An- und Abmeldungen sind mit dem 6. Juni nurmehr zu einem Datum in der Zukunft möglich. „Damit entfällt die Option, Ein- und Auszüge für Stromkunden vertragsseitig auch rückwirkend abzuwickeln“, erläutert Falge. Auch das asynchrone Bilanzierungsmodell wird abgeschafft. Das soll parallel laufende Bilanzierungsmodelle vermeiden. Bei der Geschäftsdatenabfrage verkürzt sich die Frist von fünf auf einen Tag.
Für die Ermittlung der Marktlokations-ID in den IT-Systemen gilt dann eine Zeitspanne von zwei Stunden, abgewickelt von neuen Webdiensten für Programmierschnittstellen – kurz API (Application Programming Interface) – im Gesamtprozess. In Sachen Stammdaten ändert sich die zentrale Verantwortlichkeit: Die alleinige Rolle als Stammdatenverteiler fällt beim Netzbetreiber weg. Nach dem 6. Juni findet die Stammdatenverteilung direkt beim Verantwortlichen für Abrechnung (Lieferant), Netznutzungsabrechnung (Netzbetreiber) oder Bilanzkreisabrechnung (Netzbetreiber) statt.
Ob nun Netzbetreiber oder Lieferant: Für alle Beteiligten bedeuten die dann automatisierten Prozesse enorme Herausforderungen. „Das Zusammenspiel der IT-Prozesse muss man sich wie ein großes IT-Orchester vorstellen“, sagt Martin Sattler aus der Geschäftsführung der Mainova ServiceDienste GmbH. „Sie müssen vom ersten Tag an funktionieren und bei allen Beteiligten an den richtigen Stellen ineinandergreifen.“ Ein falscher Einsatz verdirbt das Konzert. Zeit für manuelle Eingriffe bleibt bei einem 24-Stunden-Wechsel praktisch keine mehr. „Bislang blieben uns sechs Wochen, um etwaige Probleme glattzuziehen.“
Für die öffentliche Wahrnehmung dürfte vor allem die Perspektive der Kundschaft entscheidend sein. „Die Kunden sind gewohnt, dass ein Wechsel womöglich etwas Zeit braucht, aber in jedem Fall problemlos über die Bühne geht“, erklärt Sattler. Das macht im Vorfeld der Umstellung die Kommunikation mit den Kundinnen und Kunden wichtig. „Sie sollten zum Beispiel erfahren, dass sie sich bei einem Umzug künftig früh um das Thema Stromlieferantenwechsel kümmern müssen.“
Schlechtreden will Sattler den beschleunigten Lieferantenwechsel keinesfalls. „Gerade die neuen digitalen Prozesse und ihre Standardisierung begrüßen wir ausdrücklich. Aber natürlich darf man die Frage stellen: Hätte anstatt einer 24-Stunden-Frist nicht vielleicht eine 7-Tage-Frist genügt?“
Bis zum Stichtag ist es nicht mehr weit. „Zum jetzigen Zeitpunkt sollten die Energieversorgungsunternehmen zumindest ihre Konzepte erstellt, die personellen Ressourcen gesichert und einen Testplan aufgestellt haben“, sagt Falge. Und anschließend? „Da sollten sie ihre neuen Prozesse in ihrer gesamten Varianz eingehend testen.“
Um etwaige Datenschiefstände zu vermeiden, rät der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), rund um das Änderungsmanagement herum nicht unbedingt nötige Prozesse im Massengeschäft zu minimieren oder gar zu pausieren. Dies betrifft insbesondere das Verteilen von Informationen, das Senden von Anfrage- und Antwortnachrichten sowie offene und zu migrierende Vorgänge.