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Es geht dabei um das „Henne-Ei-Problem“ der Elektromobilität. Was kommt zuerst: Die Infrastruktur oder die Fahrzeuge? Während es bei der Erfolgsgeschichte der Automobilität zunächst die Fahrzeuge gab und die Infrastruktur mit der Nachfrage wuchs, sieht es bei der Elektromobilität etwas anders aus. Schließlich darf E-Auto-Fahren nicht unkomfortabler sein, als in den Benziner oder Diesel zu steigen. Das Ziel bis 2020 etwa 77.000 öffentliche Ladepunkte für Elektromobile zur Verfügung zu haben, wird die Bundesregierung nicht erreichen. Doch ist es wirklich so schlimm?
Gerade auch Stadtwerke haben bereits viel für den Aufbau von Ladesäulen getan. Tatsächlich waren Ende 2017 laut Bundesverband der Deutschen Energie und Wasserwirtschaft (BDEW) rund 11.000 öffentliche Ladepunkte verfügbar. Bis Mitte 2018 sind es sogar schon 13.500. Davon sind die meisten Wechselstrom-Lader. Diese laden ein E-Auto mit maximal 22 Kilowatt und werden auch als „Normallader“ bezeichnet. Etwa 570 „Schnelllader“ auf Gleichstrombasis erlauben ein deutlich schnelleres „E-Tanken“.
Etwa 150 Stadtwerke haben sich im Verbund „Ladenetz.de“ zusammengeschlossen. Dr. Mark Steffen Walcher, Geschäftsführer der smartlab GmbH, die Ladenetz betreibt zeigt die Marktmacht des Verbunds auf: „Wir haben etwa 60 Prozent Marktabdeckung in Deutschland und sind auch im europäischen Ausland präsent. Die Kunden unseres Verbunds können überall dort mit einer Karte, einer App laden und alle niederländischen Kunden an allen unseren Ladepunkten in Deutschland.“ So werden Insellösungen vermieden.
Wichtiger als ein weiterer Ausbau ist erst einmal eine höhere Auslastung der bestehenden Säulen. Denn nur so können Ladesäulen-Anbieter auch tatsächlich ihren Verlust reduzieren und näher an die Gewinnzone heranrücken. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass der Strom auch verkauft und abgerechnet wird. Gerade bei der Abrechnung halten sich viele Anbieter aber noch zurück. Laut einer Auswertung der Eichämter verschenken 52 Prozent der Anbieter ihren Strom an ihren Ladepunkten. Nimmt man Innogy hinzu, die eine sehr starke Marktposition haben, sind es 87 Prozent. Dr. Thorsten Gliniars, Berater für Elektromobilität im Kompetenzcenter Markt der Thüga: „Wir raten dringend zu einer eichrechtskonformen Pauschalabrechnung, bis die Ladesäulen und Systeme alle Anforderungen des Eichrechts zur Abrechnung nach Kilowattstunden erfüllen.“ Denn wenn jetzt nicht abgerechnet werde, sei es mit dem Markthochlauf immer schwieriger zu vermitteln, dass Kunden ihren Ladestrom zahlen müssen. Auf dem Weg zu einer eichrechtskonformen Abrechnung nach tatsächlichem Verbrauch ist die Energiewirtschaft ebenfalls vorangeschritten: In der S.A.F.E.-Initiative entwickeln aktuell 26 Partner eine Transparenzsoftware.
Bevor weitere Ladesäulen hinzukommen, muss zunächst die Zahl der Elektromobile steigen. Nur mit einer höheren Fahrzeugzahl steigt auch die Auslastung der bereits bestehenden Infrastruktur. Die Nachfrage besteht durchaus: Im Volkswagen-Konzern sind bereits die gesamten Produktions-Kapazitäten für 2018 für elektrische Fahrzeuge ausgeschöpft. Weder Audi noch VW nehmen derzeit Bestellungen für E-Autos entgegen. Trotz der negativen Schlagzeilen in den letzten Wochen und einer Vielzahl von Stornierungen ist die Produktion des Tesla Model 3 auch weiterhin auf Monate ausverkauft.
Trotzdem: Auch im nächsten Jahr wird die Zahl der Ladesäulen weiterwachsen, denn die Bundesregierung startet voraussichtlich Ende dieses Jahr einen weiteren Förderaufruf. Im Fokus dabei Schnelllader. Die Herausforderung beim Ausbau: Gerade Schnelllader mit einem deutlich höheren Investitionsvolumen sollten auch höher ausgelastet sein. Die Thüga nutzt für die Platzierung von Ladesäulen eine vom Freiburger Start-up Geospin entwickelte Software. Denn eine gut zugängliche und sinnvoll platzierte Ladeinfrastruktur steigert die Akzeptanz für Elektromobilität bei den Verbrauchern, während die Betreiber von einer höheren Auslastung ihrer Ladesäulen profitieren.