Ab welchem Punkt überfordert die Elektromobilität die Verteilernetze? Was ist dann zu tun? Das branchenübergreifende Forschungsprojekt „Ladeinfrastruktur 2.0.“ des Fraunhofer IEE sucht Antworten. Thüga ist gemeinsam mit Partnerunternehmen aus Wiesbaden und Braunschweig beteiligt.

Längst nicht alle Verteilernetze in Deutschland sind darauf ausgelegt, eine größere Zahl von Elektroautos mit Strom zu versorgen. Vielerorts muss daher in den nächsten Jahren investiert werden, in neue Leitungen genauso wie in Instrumente zur Steuerung der Ladevorgänge. Im Projekt „Ladeinfrastruktur 2.0“ des Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE untersuchen Forschungsinstitute, Netzbetreiber, Energieversorger, Autohersteller und -zulieferer, wie sich die Netze auf volkswirtschaftlich sinnvollste Weise für die Elektromobilität rüsten lassen. Finanziert wird das Vorhaben mit einer Laufzeit von vier Jahren vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.

Thüga forscht in zwei Teilprojekten

„Aktuell haben wir eine Quote von einem Prozent Elektroautos in Deutschland“, erklärt Evamaria Zauner, Projektleiterin für Elektromobilität bei Thüga. „Ab einer Quote von 30 Prozent E-Autos gehen wir nach aktuellen Studien von einer Gefahr für die Stabilität der Verteilernetze aus.“ An lokalen Hotspots, wo sich viele Ladevorgänge konzentrieren, könne es ohne Investitionen auch schon früher zu Engpässen kommen, so Zauner weiter. Damit diese langfristigen Investitionen zielgerichtet fließen, untersucht Thüga gemeinsam mit zwei Partnerunternehmen die Auswirkungen auf die Netze, eine Optimierung der Netzplanung und prüft die Handlungsoptionen in der Praxis.

„Die Instrumente für die Integration der Elektromobilität in die Netze sind bekannt: der Netzausbau zum Beispiel, die Ladesteuerung, das bidirektionale Laden oder die Koppelung der Fahrzeuge mit dem Energiesystem von Gebäuden“, sagt Projektleiter Dr. Bernhard Ernst vom Fraunhofer IEE. „In unserem Projekt geht es jetzt darum, all das zusammenzuführen. Ziel ist es, gesamtwirtschaftlich optimale Lösungen für Netze und Fahrzeuge zu finden.“

Ladekabel wird in E-Auto eingesteckt.

Wenn viele Kunden ihr E-Auto gleichzeitig laden, können Netzengpässe entstehen. ©Thüga

Teilprojekt Netzplanung: sw netz und BS Netz

Die BS Netz aus Braunschweig und die sw netz aus Wiesbaden, zwei Unternehmen aus der Thüga-Gruppe, bearbeiten jeweils ein Teilprojekt zur Netzplanung. Wichtig für eine präzise Definition von Handlungsoptionen und darauf aufbauenden konkreten Maßnahmen ist die Erfassung von möglichst vielen, hochwertigen Daten. „Dazu gehören neben der Auswertung des Bestandsnetzes auch Messdaten und Szenarienanalysen auf Basis von zukünftigen Netzmodellen und GIS-Daten“, erklärt Peter Lautz, Geschäftsführer von sw netz. „Als kommunale Netzgesellschaft haben wir eine umfangreiche Datenbasis. Diesen Vorteil nutzen wir jetzt als Partner im Forschungsprojekt.“

Teilprojekt Netzdienlicher Elektromobilitätskunde: BS Energy

Neben dem Netzausbau kann die netzdienliche Steuerung von Ladevorgängen eine mögliche Lösung sein. „Uns fehlen noch Erfahrungen, wie viel Potenzial die Steuerung hat“, erklärt Zauner. In einem ausgewählten Gebiet mit 40 Haushalten im Großraum Braunschweig werden daher die Auswirkungen einer großflächigen Elektrifizierung des Verkehrssektors in einem bestehenden Netz geprüft. Auf Basis individueller Prognosen soll der Verbrauch der Kunden netzdienlich optimiert werden. „Wir versprechen uns viele neue Erkenntnisse, sowohl zum potentiellen Beitrag von Elektrofahrzeugen zur Netzstabilität als auch zur technischen und systemischen Umsetzbarkeit. Denn: Wir erhalten so noch mehr Kenntnis über unsere E-Mobilitätskunden und prüfen gleichzeitig das Prognosemodell in der Praxis“, so Dr. Volker Lang, Vorstand von BS Energy und Geschäftsführer der von BS Energy geplanten Digitalisierungsagentur, die das Projekt in Braunschweig betreuen wird.

Gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auf Grund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages

Auch die Autoindustrie muss bei der Entwicklung der Ladetechnik in ihren Fahrzeugen die Anforderungen des Netzbetriebs berücksichtigen. Zweites Ziel des Projektes ist daher, die Autohersteller und -zulieferer auch mit Blick auf die internationalen Märkte dabei zu unterstützen, die aus Systemsicht optimalen technischen Lösungen für die Ladekomponenten der Autos zu finden.

Darüber hinaus wollen die Projektpartner Empfehlungen für Normen aussprechen – etwa zu den Netzanschlussbedingungen, für die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Netz oder Ladestation sowie für die Einbindung von Elektrofahrzeugen in ein Heimenergiemanagement-System. „Sowohl Netzbetreiber als auch Autoindustrie arbeiten daran, ihren Beitrag zur Netzintegration der Elektromobilität zu leisten. Bislang tun sie das aber weitgehend unabhängig voneinander. Unser Forschungsprojekt ‚Ladeinfrastruktur 2.0’ bringt nun beide Seiten zusammen“, erklärt Fraunhofer-Forscher Ernst.

 

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