Im südbadischen Dreiländereck kommt der Wasserstoff-Hochlauf ebenso in Fahrt wie im Rhein-Main-Gebiet. Was beide Projekte für Thüga-Partnerunternehmen bedeuten.

Den Wasserstoff-Hochlauf grenzüberschreitend denken – so lässt sich der Pragmatismus, mit dem im Dreiländereck Deutschland-Schweiz-Frankreich die Zukunft der Energielandschaft gestaltet wird, in einem Satz bündeln. Dabei fühlte man sich vor wenigen Jahren noch ziemlich abgehängt. „In der deutschen Wasserstoff-Kernnetzplanung ist Baden-Württemberg bis heute größtenteils ein weißer Fleck“, erklärt Dieter Sommerhalter, Geschäftsführer der ITG (Infrastruktur-Trägergesellschaft mbH & Co. KG), einer Tochter der badenova. „Inzwischen steht fest: Wenn das H2-Kernnetz 2032 den Süden erreicht, wird es in der Region Südbaden bereits auf eine rege, länderübergreifende Wasserstoffwirtschaft treffen, die 2024 begann und bis dahin mit kommunalen Energieversorgungsunternehmen als Treibern bereits acht Jahre entwickelt wurde.“

Fördergelder bewilligt

Die ersten Umsetzungsprojekte starten bereits und weitere folgen, denn die Fördergelder sind da. Anfang Juni 2024 hat das Hydrogen Valley Südbaden 4,5 Mio. Euro vom Land Baden-Württemberg aus Mitteln des Landes und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) bewilligt bekommen. Unter Beteiligung der Trinationalen Wasserstoff Initiative 3H2, der Hochschule Offenburg und der Infrastruktur-Trägergesellschaft ITG werden damit zusammen 7,8 Mio. Euro investiert. So können nun Projekte für die Wasserstoffwirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette finanziert werden. Ein großer Teil der Investitionen im Projekt Hydrogen Valley Südbaden ist die Beschaffung und Bereitstellung von Wasserstoff-Infrastrukturkomponenten für über 6 Millionen Euro, insbesondere für die Energiesystem-Transformation von kleinen und mittleren Unternehmen. Ergänzend dazu werden neue Technologien durch Begleitforschung entwickelt und mit einer Professionalisierung der Trinationalen Wasserstoff Initiative 3H2 abgerundet.

H2-Projekte verlangen Kooperation

Im Vorfeld standen zahlreiche Gespräche. Dieter Sommerhalter, den viele als einen der Geburtshelfer des Hydrogen Valleys Südbaden sehen, sprach mit Gewerbe- und Industriebetrieben, darunter Aluminiumschmelzen, Chemieparks, Kaffeeröstereien und Versorgungsunternehmen in allen drei Ländern. Er traf sich mit Bürgermeistern, Gemeinde- und Landräten, war im Austausch mit Kammern, Forschungsinstituten und vielen weiteren Wasserstoffakteuren. Im Grunde wollen alle das Gleiche, sagt Sommerhalter: „Planungssicherheit für einen gezielten Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft. Und erste Pilotprojekte vor Ort im Dreiländereck, die nun mit Hilfe von Fördergeld realisiert werden können.“ Seitdem alle Beteiligten diesen Weg vor Augen haben, kommt die Transformation in Gang.

Regionaler Nukleus mit Strahlkraft

Aus Sicht der Thüga-Gruppe wird das Hydrogen Valley Südbaden eine große Strahlkraft in die umliegenden Regionen entfalten, sowohl in Richtung Bodensee als auch nach Karlsruhe und sogar bis in die Schweiz und Frankreich. „Das schärft den Blick für Piloten auf Abnehmerseite, Kooperationen und wird Folgeprojekte auslösen“, sagt Béatrice Angleys, Leiterin der Wasserstoffplattform der Thüga. „Für uns als Thüga-Gruppe ist insbesondere die Dekarbonisierung des Mittelstands mit der Option Wasserstoff ein aktueller Schwerpunkt. Hier gilt: Je größer die Planungssicherheit für die Abnehmer, desto leichter kommen Projekte zur Dekarbonisierung in die Umsetzung.“

Zwei H2-Leitungsprojekte

Damit die Abnehmer direkt versorgt werden können, stehen zwei Wasserstoffleitungen der badenova – RHYn Interco und H2@Hochrhein – bereits im Kernnetz-Antrag der Fernleitungsnetzbetreiber (FNB). „Die Abnehmer müssen Teil der Umsetzungsprojekte sein“, betont Béatrice Angleys. Auch die badenova als Partnerunternehmen der Thüga-Gruppe ist Mitglied der Trinationalen Wasserstoff Initiative 3H2, die das Projekt Hydrogen Valley Südbaden entwickelt und bis 2027 realisiert hat.

Abb: Adobe Stock, ergänzt

H2-Regionalnetze Rhein-Main

Für den Wasserstoff-Hochlauf ist die Produktion so wichtig wie die Verteilung: Als Vorbild für ein regionales Wasserstoff-Verteilnetz gilt das Gemeinschaftsprojekt „Rh2ein-Main-Connect“ der hessischen Energieversorger Entega, ESWE und Mainova sowie der KMW Kraftwerke Mainz-Wiesbaden und der beiden Netzbetreiber E-Netz Südhessen und NRM Netzdienste Rhein-Main. Zusammen mit den Fernleitungsnetzbetreibern Open Grid Europe (OGE) und GASCADE Gastransport haben die Regionalversorger einen Kooperationsvertrag geschlossen, um das Verteilnetz in der Region auf den Weg zu bringen.

300 Kilometer Gesamtlänge

„Zur Wasserstoff-Autobahn quer durch Deutschland gehört auch die Verteilung über ‚Landstraßen‘ hin zu Kraftwerken, kommunalen Wärmeerzeugern und Industrie- und Gewerbebetrieben“, sagt Verena Baldassi, Leiterin Erneuerbare Energien und Energiemanagement bei der ESWE Versorgung. Bestenfalls ab dem Jahr 2028 soll die Metropolregion durch mehrere Anbindungen an das bundesweite Wasserstoff-Kernnetz mit klimaneutralem Wasserstoff versorgt werden. Die Gesamtlänge des Verteilnetzes soll rund 300 Kilometer betragen, mit Neubau und Umwidmung bestehender Trassen. „Für wirksamen Klimaschutz ist der Einsatz von klimafreundlichem Wasserstoff im Wärmemarkt entscheidend. Zudem ist er natürlicher Partner der Erneuerbaren Energien, großvolumig speicherbar und gut transportierbar. Deshalb ist ein entschlossener Start in die Wasserstofftechnologie erforderlich. Wir setzen uns daher aktiv für den entsprechenden Aufbau der Infrastruktur ein“, sagt Mainova-Vorstand Martin Giehl.