Die Arbeiten rund um dynamische Stromtarife und steuerbare Verbraucher im Werkzeugkasten Intelligente Tarife haben bei der thüga solutions wichtige Meilensteine erreicht: Das Basisbaket für den Pflichttarif nach §41a EnWG steht und wird in einem Pilotprojekt umgesetzt. Das Ausbaupaket nimmt konkrete Formen an.

In zwei Einfamilienhäusern in Dannstadt-Schauernheim in Rheinland-Pfalz stehen alte Gewohnheiten kopf: Einen monatlichen Stromkosten-Abschlag zahlt dort bald niemand mehr, und der Zählerstand muss auch nicht mehr einmal im Jahr von Hand notiert werden. Stattdessen ist ein Großteil der Stromkosten an den Börsenpreis pro Kilowattstunde im Day-Ahead-Handel gekoppelt, ein intelligentes Messsystem (iMSys) übermittelt seit Juli 2024 voll digital die Verbrauchsmengen. Bald sollen die Haushalte nachmittags online die Preise für jede Stunde des Folgetags einsehen können.

Legen sie dann möglichst viel ihres Verbrauchs in die günstigen Stunden, spüren sie den positiven Effekt mit der Rechnung am Monatsende. Ausgestattet mit den nötigen Messgeräten und Systemzugängen, sind die beiden Haushalte Teil eines Pilotprojekts, mit dem die Thüga Energie GmbH seit dem Sommer ihr Basispaket zu den dynamischen Stromtarifen nach §41a EnWG testet. Einer großen Datendrehscheibe gleich, vernetzt das IT-System dahinter Preisinformation, Abrechnungssystem, Bilanzkreismanagement, Gateway-Administration sowie Energie- beziehungsweise Messdatenmanagement (EDM).

„Mit dem Pilotprojekt wollen wir einerseits das Zusammenspiel der einzelnen Systeme validieren, andererseits mit unseren ‚Friendly Usern‘ die Benutzerfreundlichkeit auf den Prüfstand stellen“, sagt Sofia Lorenz, Fachgebietsleiterin des Vertrieb- und Produktmanagements bei der Thüga Energie GmbH. „Wir möchten herausfinden, ob die Abrechnungen verständlich sind. Funktioniert die Datenübermittlung? Lässt sich die Benutzeroberfläche intuitiv bedienen? Wie bauen wir die Bestellstrecke am besten auf?“

Basispaket für die gesamte Thüga-Gruppe

Ab 1. Januar 2025 müssen alle Stadtwerke in Deutschland einen §41a-Tarif anbieten, Stromlieferanten mit mehr als 100.000 Letztverbrauchern sind schon jetzt dazu verpflichtet. Als White-Label-Produkt stellt die thüga solutions das Basispaket des Werkzeugkastens Intelligente Tarife im Anschluss an das Pilotprojekt im Laufe des Herbstes der Thüga-Gruppe zur Verfügung. Alle nötigen Dienstleistungen kommen rechtssicher aus einer Hand. Knackpunkte wie der Bezug der korrekten Preise von der europäischen Strombörse für kurzfristigen Stromhandel European Power Exchange (EPEX) inklusive. TSG, providata, Syneco und als Praxispartner

Thüga Energie und Thüga Energienetze steuerten dem Projekt ihre Expertisen bei. Im Schwerpunkt richtet sich das Basispaket an Bestandskunden. Das Potenzial ist groß. Laut einer aktuellen Studie der Managementberatung Horváth stehen 50 Prozent der deutschen Endkunden einem dynamischen Tarif offen gegenüber.

Mehrwert von intelligenten Tarifen

Dirk Ebinger

Projektleiter Dirk Ebinger

„Wir spüren das Interesse gar nicht so sehr bei der jungen, technikaffinen Kundschaft“, sagt Dirk Ebinger aus dem Syneco-Business Development, „sondern bei Menschen im eher fortgeschrittenen Alter, oft mit Photovoltaikanlage auf dem Dach, Wärmepumpe im Keller und Elektroauto in der Garage.“ Gerade in komplexeren Konstellationen und weitergedacht in Richtung Heim-Energie-Management-System (HEMS) spielen die intelligenten Tarife ihren Mehrwert aus. Steht im Winter statt Solarstrom günstiger Börsenstrom zur Verfügung, könnte eine intelligente Steuerung das E-Auto laden oder die Wärmepumpe ansteuern. Genauso könnten Haushalte Überschuss aus Eigenerzeugung und geschickter Lastverschiebung zukünftig auf dem Markt verkaufen.

Mehr als §41a-Pflichterfüllung

Für solche Fälle arbeiten Thüga SmartService, Syneco und providata an einem Ausbaupaket, das weit über die §41a-Pflichterfüllung hinausgeht. Als Dreh- und Angelpunkt fungiert ein umfangreicher Werkzeugkasten aus wichtigen Hard- und Softwaremodulen wie HEMS, CLS-Schnittstelle, Kundenportal und App. Aus ihnen können Stadtwerke ein individuelles Produktportfolio an intelligenten Tarifen zusammenstellen und Kunden anbieten. „Das Ausbaupaket nimmt derzeit konkrete Formen an“, so Projektleiter Ebinger. „Die Marktabfrage ist fertig, aktuell vergleichen wir Angebote von fast 30 Dienstleistern aus dem deutschsprachigen Raum.“ Sukzessive fallen die Entscheidungen, wer wo das Rennen macht. Vertragsabschlüsse stehen für Herbst in den Kalendern. „Im Laufe von 2025 werden wir auch das Ausbaupaket für die gesamte Thüga-Gruppe anbieten können“, sagt Ebinger. Vorher durchlaufen dessen Funktionalitäten beim Pilotkunden Thüga Energie einen Praxistest. Am 1. November startete die Belieferung der beiden ‚Friendly User‘ im Rahmen des Pilotprojekts.