Energie Südbayern, BS|ENERGY und energie schwaben verfolgen große Transformationsprojekte für die Energie- und Wärmewende mit unterschiedlichen Entwicklungsstadien und Finanzierungsanforderungen. Grundsätzlich erfordert die Finanzierung mit Eigen- und Fremdkapital oder Förderprogrammen fundierte Planung und strategische Weitsicht.

Rudolf Müller, Energie Südbayern, Hauptabteilungsleiter Betriebswirtschaft:

Wir betreiben zahlreiche Transformationsprojekte, die sich auf die Erzeugung mit Wind und PV sowie Wärmenetze konzentrieren. Sie sind in unterschiedlichen Stadien der Entwicklung und haben unterschiedliche Finanzierungsansprüche. Für diese Projekte sind flexible Investitionsplanungen nötig, da sie zeitlich nicht immer fix planbar sind. Wir sind unter anderem beim bayerischen Förderprogramm zum Aufbau einer Elektrolyse-Infrastruktur (BayFELI) mit drei Projektanträgen im Rennen. Es geht um drei Elektrolyseure mit fünf bis sechs Megawatt pro Anlage und einer Förderung von jeweils bis zu fünf Millionen Euro. Meist sind bei solchen Projekten kommunale Kooperationspartner und Projektentwickler mit im Boot. Durch eine gemeinsame Gesellschaft können wir das Vorhaben leichter entwickeln, was Gutachten oder Genehmigungen angeht. Das Eigenkapital verteilt sich dann auf verschiedene Schultern – aber es sind immer noch um die 70 Prozent Fremdkapital nötig. Die Sicherstellung einer entsprechenden Finanzierung erfordert neben einer genauen technischen und betriebswirtschaftlichen Planung ein gewisses Vertrauen vonseiten der Kapitalgeber, die sehr unterschiedlich reagieren. Absatz- oder Preisgarantien für 20 Jahre sind kaum möglich, Finanzierungszusagen der ESB sind schwierig, da hierdurch die Einhaltung der eigenen Covenants – vor allem der Leverage Ratio – negativ beeinflusst wird. Die Finanzierung der Energiewende ist also hochkomplex geworden. Trotz allem: Wir wollen diese Transformationsprojekte machen, da ziehen alle mit: die Belegschaft, die Gesellschafter, regionale Partner als auch die Kommunen, mit denen wir eine langjährige und vertrauensvolle Beziehung pflegen.

Die BS|ENERGY Gruppe ist ein integriertes Energieversorgungsunternehmen, dessen Ergebnis sich aus verschiedenen Wertschöpfungsstufen und Sparten zusammensetzt. Diese Diversifizierung wirkt sich positiv auf die Risikobewertung durch Banken aus. Wir haben an unserem zentralen Erzeugungsstandort mit unserem neuen Biomasse-Heizkraftwerk sowie dem neuen Gasturbinen-Heizkraftwerk bereits den Kohleausstieg geschafft. Für dieses Projekt haben wir zum ersten Mal über den breiten Bankenmarkt hohe Investitionssummen fremdfinanziert. Dazu haben wir ein Projektteam gebildet und konnten über den Input von externen Beratern internes Know-how aufbauen. Auch wurde eine zusätzliche Stelle geschaffen, die sich sowohl mit der operativen Bewirtschaftung der neuen Kreditverträge als auch mit strategischen Finanzierungsfragen beschäftigt. In den kommenden Jahren stehen weitere Investitionen an: Das Wärmenetz muss vollständig dekarbonisiert, die Wärmeversorgung entsprechend dem Wärmetransformationsplan der Stadt weiter ausgebaut werden. Hinzu kommt der Stromnetzausbau. Aufgrund der ausgeschöpften Innenfinanzierungskraft haben wir externen Finanzierungsbedarf. Hierbei muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital beachtet werden. Thesaurierungsvereinbarungen, in denen die Finanzierung durch Eigen- und Fremdkapital berücksichtigt wird, können zukünftig einen für die Banken verlässlichen Rahmen bilden. Indem wir belastbare Planungen und gute Unternehmensergebnisse liefern, tragen wir selbst zu dieser Verlässlichkeit bei. Aber auch die Politik ist gefragt, indem sie verlässliche Anreize setzt, mit denen die Wirtschaftlichkeit der notwendigen Investitionen gewährleistet wird.

Marlen Korthals, BS|ENERGY, Abteilungsleiterin Controlling und Beteiligungsmanagement:

Martina Häusler, Bereichsleiterin Controlling, Beteiligungen & M&A, und Dirk Weimann, Geschäftsführer, energie schwaben:

Wir sind ein regionales Einsparten-Unternehmen – und dabei, unser Gasnetz für klimaneutrale Gase zu ertüchtigen. Außerdem fokussieren wir unsere Investitionen neben unserem Kerngeschäft auf den Ausbau von erneuerbarer Energieerzeugung sowie den Wärmemarkt. Als eines der ersten Unternehmen haben wir 2016 mit Thüga ein LUS*-Projekt aufgesetzt. Die langfristige Sicht auf die Ergebnisse war für uns als Infrastrukturbetreiber schon immer sehr wichtig. Und da sich die Rahmenbedingungen dramatisch geändert haben, müssen wir sehen können, wie sich die Veränderungen langfristig auf unser Ergebnis und unsere Finanzierungssituation auswirken. So bleiben wir bei unseren Gesellschaftern und den Banken aussagefähig. Die Anforderungen der Banken sind seit dem Angriff auf die Ukraine deutlich restriktiver geworden. In Kreditangeboten finden sich Kennzahlen wieder – Covenants –, die nicht verhandelbar sind, wie zum Beispiel die Leverage Ratio, also der Verschuldungsgrad. Diese einzuhalten, das ist aufgrund der volatilen Rahmenbedingungen herausfordernd – unter anderem, weil es zum Beispiel bei Wind und PV zwischen Investitionsauszahlung und Ergebniseintritt einen deutlichen Zeitversatz gibt. Mittlerweile sind wir aufgrund der hohen Kreditvolumina auf Landesbank-Ebene unterwegs: Bis 2035 rechnen wir mit rund 550 Millionen Euro an Investitionen. Als regionaler Einsparten-Energieversorger sind wir durch die jeweilige Versorgungsstruktur sowie die Vielfalt an möglichen Szenarien mit anderen Herausforderungen als ein städtischer Versorger konfrontiert. Trotzdem empfinden wir es als sehr spannend, bei der Transformation ganz vorne mitwirken zu können. Wir haben sehr gute und motivierte Mitarbeiter und eine gute wirtschaftliche Basis – und wir wissen, wo wir hinwollen.

*LUS = Langfristige Unternehmenssimulation

Dieser Artikel ist ein Beitrag im Thüga-Jahresbericht 2023. Den gesamten Bericht finden Sie hier zum Download.