Mit PV-Anlage, Speicher und flexiblen Verbrauchern wie Wärmepumpe und E-Auto wird der bisherige Prosumer zum Flexumer – und zu einer beachtlichen Größe im künftigen Energiesystem. Das Projekt OwnPV untersucht mögliche Geschäftsmodelle. 

Welche Rolle spielen Eigenstromanwendungen im künftigen Energiesystem? Dies betrachtet seit zwei Jahren ein interdisziplinäres Konsortium inklusive Thüga im OwnPV-Projekt. Projektende ist Oktober 2024. Das Thüga-Teilprojekt „Multi Use“ fokussiert sich auf das Zusammenspiel von Eigenstromerzeugung und -verbrauch mit markt- und netzdienlicher Nutzung von Flexibilitäten im Einfamilienhaus. Ein komplexes Gebilde mit vielen Stellschrauben. Während sich das Projekt LIS 2.0 auf das netzdienliche Laden von E-Autos konzentrierte, betrachtet OwnPV sämtliche Facetten rund um den Flexumer. Fokus des Thüga-Teilprojekts: Geschäftsmodelle rund um die Steuerung und Vermarktung von Kleinstflexibilitäten im Einfamilienhaus zu identifizieren und zu entwickeln. „Wir wollen unseren Partnerunternehmen eine fundierte Strategie mit Wirtschaftlichkeitsbewertungen an die Hand geben. Das Ziel sind neue Geschäftsmodelle für Flexumer“, sagt Valery Greil vom Thüga-Kompetenzcenter Innovation und Projektleiterin seitens Thüga. „Mit einem vom Projektpartner Fraunhofer IEE entwickelten Simulationstool konnten wir verschiedenste Szenarien durchspielen, indem wir jeweils Stellschrauben veränderten“, so Greil. „Insgesamt haben wir 100 Haushalte simuliert und nach unterschiedlichen Zielen optimiert. Nun sind einige grundlegende Aussagen möglich.“

Zwischenfazit und Ausblick

„Wir stellen fest, dass dynamische Stromtarife sowohl Chancen als auch Risiken für Energieversorger bergen“, erklärt Greil. „Das Preisrisiko verlagert sich zur Kundschaft, das Beschaffungsrisiko für das EVU reduziert sich somit. Und neue Produkte ermöglichen eine höhere Kundenbindung.“ Allerdings erfordern dynamische Stromtarife eine viertelstündliche Bilanzierung und somit komplexe Abrechnungssysteme. Das Risiko der Ausgleichsenergie verlagert sich vom Netzbetreiber zum Vertrieb. „Ich bin gespannt, zu welchen Erkenntnissen das Team bis zum Projektende noch kommt“, so Greil. „Zwischenergebnisse veröffentlichen wir im Extranet.“ Aktuell sind dort die Resultate der Kundenumfrage zu finden, die der Projektpartner Universität Kassel gemeinsam mit den Städtischen Werken Kassel durchgeführt hat. Denn: „Die Kundensicht ist beim Aufbau künftiger Flexumer-Geschäftsmodelle existenziell“, betont Greil.

1. Nutzerorientiert – Eigenverbrauchsoptimierung

 

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Die Wirtschaftlichkeit einer PV-Anlage zum Selbstverbrauch steigt bei einem hohen Eigenverbrauchsanteil. Je höher der Strompreis, desto rentabler, da so die Einsparung durch vermiedene Strombezugskosten steigt. Der Eigenverbrauchsanteil kann durch solaroptimierte Steuerung, Einsatz eines Speichers und die Dimensionierung der PV-Anlage optimiert werden. In der Simulation wurden Stellgrößen wie Fahrprofil und Ladestrategie des E-Autos, Gebäudeenergieverbrauch und Wärmespeicher sowie Einsatz und Größe des PV-Speichers verändert und die Eigenverbrauchsquoten untersucht. Eigenstromoptimierung ist der wirtschaftlichste Anwendungsfall, da Steuern und Umlagen wegfallen.

Hier ist der Projektpartner Fraunhofer im Lead und untersucht die Frage, wie sich Optimierungsvarianten bei Eigenverbrauch und Markt auf das Netz auswirken und wie der Netzbetreiber sie „orchestrieren“ kann. Netzüberlastungen kann er durch Steuerung der flexiblen Verbraucher entgegenwirken (􀂇14a) oder indem er Flexumer-Anreize schafft – zum Beispiel durch flexible Netzentgelte, die sich an der aktuellen Netzauslastung orientieren.

2. Netzorientiert – Spitzenlastglättung durch Neufassung §14a EnWG

3. Marktorientiert – Tarifoptimierung mit dynamischem Stromtarif

Die Beschleunigung des Smart-Meter-Rollouts und die Verpflichtung zu dynamischen Stromtarifen ab 2025 sorgen für Dynamik. Im Projekt wurden Wirtschaftlichkeitsbewertungen für Kund:innen mit E-Auto und Wärmepumpe sowohl ohne als auch mit PV-Anlage und Speicher durchgeführt. Für Erstere gilt, dass marktoptimiertes Laden die Strombezugskosten um durchschnittlich 26 Prozent reduziert, wobei die Einsparung von Preisen und Volatilität an der Strombörse abhängt. Bei der Wärmepumpe sind die Einsparungen mit nur rund 7 Prozent deutlich geringer. In Kombination mit einer PV-Anlage reduziert sich das Einsparpotenzial von dynamischen Stromtarifen. Eine Kombination aus Eigenstrom- und Preisoptimierung führt in Verbindung mit einem Stromspeicher zu einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit. Ohne Speicher bringt eine Eigenstrom- und Preisoptimierung im Simulations-Szenario eine sehr geringe wirtschaftliche Verbesserung im Vergleich zur reinen Eigenstromoptimierung.